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Mit dem Wohnwagen von Göteborg bis Alanen Kilpisjärvi

Last updated on 2. Oktober 2020

Die Nord-Süd-Ausdehnung von Schweden beträgt mehr als 1.500 Kilometer. Im Vergleich ist das die Strecke, die man von Frankfurt nach Lissabon zurücklegen würde. Einmal Schweden vom Süden bis in den hohen Norden zu durchqueren ist ein spannendes und unvergessliches Erlebnis. Ich habe mit meinem Wohnwagen bereits weite Teile Europas, Nordafrikas und Asiens bereist und ich möchte nun über meine schönste Reise berichten.

Man muss vorab wissen, dass ich die wilde und unberührte Natur liebe. Neben Norwegen habe ich nirgends sonst eine so angenehme Einsamkeit genossen. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass mich meine Reisen mit dem Wohnwagen durch Skandinavien geerdet und mir zu einem achtsamen Lebensstil verholfen haben. Die Sinne werden in Großstädten permanent von tausenden Eindrücken überflutet, sodass man kaum mehr einen klaren Gedanken fassen kann.  Das Leben wird im Sekundentakt gestaffelt. Menschen, denen ich begegne, empfehle ich gerne, sich eine Auszeit von dieser ungesunden Hektik zu nehmen, die Koffer zu packen und sämtliche Uhren aus der Reichweite zu verbannen. Auf meiner Fahrt durch Schweden wusste ich nie, wie spät es ist, ich habe mich nur am Sonnenstand und an den Sternen orientiert und es war sehr befreiend.

Skanden, Nationalparks und der wilde Norden

Weite Landteile von Schweden sind Flachland mit ausgedehnten Mischwäldern. Im Westen allerdings, an der Grenze von Norwegen, ziehen sich die Skanden entlang. Die Gebirgsmassive der Skanden erreichen eine Höhe von 2.000 Metern. Auch die größten Nationalparks befinden sich im Westen und insbesondere im Nordwesten von Schweden. Ich empfehle deshalb die Strecke am westlichen Rand von Schweden bis über den Polarkreis hinauf nach Norden. Diese Strecke bin ich mit meinem Wohnwagen im Winter gefahren. In Schweden ist es möglich wild zu campen, weshalb ich nicht auf Campingplätze angewiesen war.

Für den Winter hatte ich mich entschieden, weil es mein Wunsch war, einmal in meinem Leben die Nordlichter zu sehen. Mich hatten dieses Naturphänomen sowie der Sternenhimmel im Allgemeinen schon als Kind beeindruckt. In der Nähe von Kiruna, der nördlichsten Stadt in Schweden, ließ ich mich fernab nieder und lauschte nachts der statischen Stille mit Tee, horchte in mich hinein. Als ich endlich den Polarkreis passiert hatte, war ich eingangs zugegebenermaßen enttäuscht, denn der Himmel war tagelang mit dicken, grauen Wolken bezogen. Ich war ungeduldig und besorgte mir in Kiruna Lesematerial. Tagsüber wanderte ich durch die spektakuläre Natur Lapplands und abends aß ich, trank Wein oder Tee und las. Es war so minimalistisch und gleichzeitig so erfüllend.

Eisiger Winter und Polarlichter

Im Winter wird es jenseits des Polarkreises tagsüber nicht mehr richtig hell, sodass meine Wanderungen im Dämmerlicht stattfanden. Es war ein einmaliges Erlebnis, beinahe so, als würde man sich auf einem Planeten befinden, dessen Bedingungen so gar nicht unserer Welt entsprachen. Ich musste an mein Leben in Berlin denken und war überwältigt davon, wie fremd es mir dort oben vorkam. Die Polarlichter sah ich dann im November, gemeinsam mit einem Freund, den ich in Kiruna kennengelernt hatte. Nach diesem Ereignis trennten sich unsere Wege und ich fuhr noch weiter hoch in den Norden, wo sich keine Stadt und kein Nationalpark mehr auf der Karte abzeichneten, während er gen Osten reiste.

Weiter nördlich gab es nur Schnee, wohin das Auge auch reichte. Landschaftlich schien es hier im Winter keinerlei Unterschiede zum Erscheinungsbild der Arktis zu geben. Ich begegnete dort oben auch kaum mehr einem Tier. Mit jedem Kilometer schien der Zeiger der Uhr weniger schnell zu ticken. Schlussendlich kam ich am Alanen Kilpisjärvi an, einem großen See, an dem ich mich vier Tage aufhielt, bevor ich meine Reise zurück in den Süden des Landes antrat.

Diese Reise hat mein Leben verändert und ich kann nur jedem ans Herz legen, zu reisen und die Welt langsam zu entdecken, sei es mit dem Wohnwagen oder dem Zug. Es ist ein oft zitierter Spruch, aber er enthält viel Wahrheit: Der Weg ist das Ziel. Wer zu seinen Reisezielen fliegt, verpasst den besten Teil der Reise.

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